Zur Lesung am 2.3.09 im Kulturforum: Slov ant Gali: Rezensionsentwurf zu Reinhild Paarmann: Der blaue Atlantisstein (Roman)

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Sie möchten für normale Menschen gehalten werden? Dann bleiben Ihnen zwei Möglichkeiten: Entweder, Sie finden das Buch lauthals bescheuert, oder Sie bestreiten, es je in den Händen gehalten zu haben. Das erste, was Sie beim Erobern dieses Buches tun müssen, ist nämlich die Selbstbefreiung, was Sie bisher für eben diesen gesunden Menschenverstand und gesichertes Wissen um den Aufbau eines Buches gehalten haben.

Man erzähle eine Geschichte von A nach B? R. P. darf das nicht. Sie erlaubt sich keinerlei Gestalten, die so in Phantasy-Geschichten auftauchen, keine Elfen, böse Drachen, Riesen usw.. Ihre Zauberinnen sind eigentlich die Frauen, die zu bestimmten Zeiten, an bestimmten Orten als „Zauberinnen“ gewirkt haben. Ihr Roman läse sich furchtbar anstrengend, wollte man jeweils das Davor und Danach bestimmen. Zeit und Raum sind nur eine mögliche Ordnungsmöglichkeit einer unendlichen Abfolge von Reinkarnationen und sich voraus oder zurück oder überhaupt anderswohin zu träumen. Eine konkrete Inkarnation begegnet dem ewig geliebten Du in immer neuer Gestalt an immer anderem Ort, wird das eine Mal vergewaltig, bringt ein anderes Mal um. Es ist so egal: Man wird sich erneut begegnen. Manchmal erkennen sich die zwei aus ihren Träumen heraus wieder, manchmal nicht, und so ist es eine der wenigen komischen Szenen, wie ein junger Türke in unserer Jetztzeit einer deutschen SIE erklärt, dass er sie doch seit Jahrtausenden liebt und ob sie sich nicht daran erinnern könne, wie das war auf der Venus und als sie Kinder miteinander hatten und ... das Mädchen dies für eine etwas spinnerte, aber immerhin originelle Anmache hielt und ihm eine Chance gab. Die Rollen der überirdisch Guten wie Bösen übernehmen Außerirdische, die zu verschiedenen Zeiten auf der Erde landen um so Verschiedenes mit den Menschen anzustellen.

Anfangs ärgerte ich mich noch darüber, dass die meisten Traumreisebilder kein Mitfühlen mit den jeweiligen Körpern erlaubte ­ zu viel wird behauptet, gesetzt und sofort übergangen ­ aber mit dem Lesen macht es wieder glücklich: So viele Schicksale hält kein einzelner Mensch aus. Vielleicht jene angehende Zauberin im alten Ägypten, die nach einem Tunnelgang im Sarg Geschichte träumt. Da schmeißt R. P. etwas Horror-Thrillerei in das Buchgericht.

Neben vielen Typen, die nur behauptet werden, fallen R. P. Gestalten ein, die ein Douglas Adams gern auch noch gefunden hätte, ­ vor allem, weil sie auf einem Amazonenstern herrschen und Machos zum Umerziehen bekommen und ...

Nein!!! Aufhören! Aus reiner Angst, dieses Buch könnte einmal im Leistungskurs Phantasie in der Schule eingesetzt werden, vermeide ich alles, um zu den Normalen gerechnet zu werden.

Was es mit dem blauen Atlantisstein auf sich hat? Der taucht immer mal wieder auf und ausgerechnet im Heute muss er in einen sandinistischen Waschtrog geworfen werden, um die (Um-)Welt zu retten, wonach oder wobei die beiden Liebenden, die sich endlich erkannt hatten, erschossen werden, aber das ist ja sowas von egal, wenn sie sich in einem nächsten Leben (oder vorher?) doch wieder begegnen... oder habe ich etwas durcheinander gebracht?


Wolfgang Hager Verlag, Stolzalpe (Öst.) 2008


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